Lutherische Traditionsbildung im Umfeld Abraham Calovs (1612-1686)

13
-
15
März
2024

Lutherische Traditionsbildung im Umfeld Abraham Calovs (1612-1686)

Tagung
Stiftung Leucorea / RFB
© RFB PS Gemäldesammlung

Die Universität Wittenberg gilt nach dem Sturz der Philippisten in den 1570er Jahren bis in das 18. Jahrhundert hinein als Hochburg der Lutherischen Orthodoxie. Doch der Begriff ist unscharf und Forschungen der letzten Jahre haben zeigen können, dass hierunter unterschiedliche theologische Strömungen zusammengefasst werden, deren gemeinsamer Kern nicht immer eindeutig zu bestimmen ist. Gleichwohl lassen sich theologische und methodische Gemeinsamkeiten ausmachen, die spezifische konfessionelle Ausdrucksformen ausbildeten und von sozialen Netzwerken mit bemerkenswerter Kohärenz getragen wurden. Bei näherem Besehen erscheint das Luthertum Ende des 16. und im 17. Jahrhundert weniger als homogene Glaubensgemeinschaft denn als Verknüpfung durchaus unterscheidbarer Denkschulen, die ihre Zusammengehörigkeit erst herstellen mussten. Der konfessionelle Zusammenhalt verdichtete sich nicht zuletzt durch die Abgrenzung und Bekämpfung von Gegnern, zu denen Katholiken, insbesondere die Jesuiten, Calvinisten und als Synkretisten wahrgenommene Calixtianer sowie Sozinianer und Antitrinitarier zählten. Diese Verkordelung unterschiedlicher Denkansätze bei gleichzeitiger Auseinandersetzung mit Gegnern lassen sich als Prozess einer Traditionsbildung verstehen, die nicht lutherische Konfessionalität voraussetzte, sondern diese erst ausbildete und unter wandelnden Herausforderungen weiterentwickelte.

Abraham Calov (1612-1686) bietet sich als Ausgangspunkt für eine facettenreiche und interdisziplinäre Diskussion dieses Prozesses in besonderer Weise an. Der über Jahrzehnte in Wittenberg lehrende Theologe hat zur lutherischen Traditionsbildung durch seine breit rezipierte Bibeledition und eine Vielzahl kontroverstheologischer Schriften selbst in hohem Maße beigetragen. Eingebunden in weiträumige Netzwerke eignet er sich ausgezeichnet für Analysen akademischer und kirchenpolitischer Kommunikations- und Sozialräume. Die Zahl seiner Verwandten, Freunde und Schüler war groß, ebenso jene seiner Kontrahenten, seine Werke wirkten über Generationen nach. Noch für Johann Sebastian Bach bildeten sie Arbeitsgrundlage und Glaubensrichtschnur. Der Zuschnitt des Arbeitsgespräches ist interdisziplinär gewählt, neben theologischen Fragen werden auch kunst-, sozial-, medien- und musikgeschichtliche Zugänge gewählt. Das Arbeitsgespräch knüpft an einen ersten Workshop der RFB zur Lutherischen Orthodoxie aus dem Jahr 2019 an.

Leitung: PD Dr. Stefan Michel (Dresden) und Dr. Matthias Meinhardt (Helmstedt).

Gäste sind herzlich willkommen, um Anmeldung über das Sekretariat der RFB (Tel.: +49 3491 5069-200,
E-Mail: sekretariat@rfb-wittenberg.de) wird gebeten. Ein ausführliches Programm im PDF-Format können Sie hier herunterladen: