Wiederverwendet. Wiederentdeckt. Mittelalterliche Handschriftenfragmente als Bucheinbände

21. Febr. -
17. März
2020

Wiederverwendet. Wiederentdeckt. Mittelalterliche Handschriftenfragmente als Bucheinbände

Kabinettausstellung
RFB, Schloss Wittenberg
Heinrich von Heslers Bearbeitung des Nikodemus-Evangeliums, zw. 1215 und 1225 (Ausschnitt)
© RFB

Bitte beachten Sie:

Die Kabinettausstellung „Wiederverwendet. Wiederentdeckt. Mittelalterliche Handschriftenfragmente als Bucheinbände“, die am 21. Februar 2020 eröffnet wurde, musste aufgrund der Corona-Pandemie am 17. März 2020 vorzeitig geschlossen werden. Derzeit wird eine Wiedereröffnung für 2021 vorbereitet.

In der Ausstellung wurden erstmals zwei Handschriftenfragmenten des 13. Jahrhunderts gezeigt, die erst 2019 im Altbestand der Forschungsbibliothek wiederentdeckt wurden. Daneben wurden weitere wertvolle Fragmente aus dem Mittelalter präsentiert und über die Überlieferung und Restaurierung solcher Stücke informiert.

Bei einem der 2019 wiederentdeckten Handschriftenfragmente handelt es sich um ein Blatt des Nikodemus-Evangeliums, das Heinrich von Hesler ins Deutsche übertragen hat. Das Fragment wird auf die Zeit „um 1215-1225“ datiert und ist damit deutlich älter als alle bislang bekannten Textzeugen. Das apokryphe Passionsevangelium besaß im Mittelalter große Bedeutung und entfaltete bis in die frühe Neuzeit hinein eine reiche Wirkungsgeschichte in der mittelalterlichen Kunst und Literatur. Das zweite wiederentdeckte Fragment bietet einen Teil des sog. St. Trudperter Hohelieds, einer Auslegung des biblischen „Hohelied Salomos“. Das Fragment stammt aus einer Handschrift, die im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts entstand, womit es zu den frühesten Textzeugen dieses Werkes gehört. Beide Fragmente wurden in Bucheinbänden von Drucken des 17. Jahrhunderts gefunden. Da geistliche Dichtung des 12. und 13. Jahrhunderts in deutscher Sprache sehr selten überliefert ist, bezeichnen Experten beide Fragmentfunde als Sensation.

Die weiteren Stücke, die in der Ausstellung gezeigt wurden, stammen aus dem 9.–15. Jahrhundert. Einige der ausgestellten Fragmente gehören zu Handschriften medizinisch-pharmazeutischen, juristischen und geschichtlichen Inhalts, zumeist aber waren sie Teil liturgischer Handschriften, wie Missalen und Gradualen. Auch ein Brevier (Buch für Stundengebete) aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts befindet sich darunter. Ein Blatt eines lateinischen Psalters mit Interlinearübersetzung ins Altsächsische stammt aus dem 10. Jahrhundert. Diese beiden Stücke gehören zu den ältesten Schriftzeugnissen, die überhaupt in Wittenberg aufbewahrt werden.

Einen Flyer zur Kabinettausstellung können Sie über folgenden Link herunterladen. Bitte beachten Sie jedoch, dass die dort angegebene Laufzeit der Ausstellung durch die Corona-Pandemie verkürzt wurde.